Andacht Juni bis August 2025

Liebe Leserin, lieber Leser,

über dem Pfingstfest, das wir in ein paar Tagen feiern, steht folgender Bibeltext: „Es soll nicht durch Heer oder Kraft geschehen, sondern durch meinen Geist, spricht der Herr Zebaoth“ (Sacharja 4,6). Ich schreibe diese Zeilen unter dem Eindruck, dass in diesen Zeiten sehr viel durch Heer oder Kraft geschieht: Präsidenten, die mächtige Worte sprechen, die Aktienmärkte in Talfahrt oder wieder bergauf schicken, oder auch ihre Armeen losschicken, um ihr Herrschaftsgebiet zu erweitern. „Wir müssen aus der Position der Stärke agieren!“, höre oder lese ich oft. Ein Kreislauf des Wettrüstens ist wieder voll entfacht. Das erinnert mich an die Zeiten des Wettrüstens in den 70er und 80er Jahren. Damals war das noch etwas einfacher: Da gab es unter den Mächtigen nur „Ost“ und „West“; „Warschauer Pakt“ und „Nato“. Heute treten weitere Mächte dazu. Das ist der Hintergrund, der mich beim Schreiben dieser Zeilen bewegt. So sehr ich verstehe, dass die Herrschenden dieser Welt offenbar nur eine Sprache verstehen: „Heer“ und / oder „Macht“, bewegt mich auch die Frage, ob das am Ende wirklich zielführend sein kann. Unfassbar viel Geld und Kräfte werden in die Entwicklung und Produktion von Waffen gesteckt. Haben wir nicht ganz andere Probleme, die großen Einsatz an Kraft und Geld erfordern?

Ich denke zurück an die Geschichte Israels: Da ist das Volk Israel aus Ägypten gezogen. Das mächtige ägyptische Heer auf Anweisung des Pharaos hinterhergejagt und im Roten Meer ertrunken. Und ich denke: „Das wär‘s doch!“ Eine neue Sintflut, die die Heere dieser Welt einfach wegspült… Warum macht Gott das nicht? Hat er doch schon einmal gemacht zu Zeiten Noahs und seiner Familie. Wäre es nicht höchste Zeit, dass das wieder passiert? Ich merke, wie mich dieser Gedanke irgendwie fasziniert. Wenn Gott Wasser oder Feuer vom Himmel fallen lassen würde… Und zwar genau an den richtigen Stellen… Ja! Das wärs: Das wäre die richtige Lösung, … oder? Plötzlich merke ich, dass doch auch Fragen bei mir kommen: „Wo wäre denn die richtige Stelle?“ Ich habe klare Vorstellungen davon wo. Mir scheint: Andere würden Feuer und Wasser lieber woanders fallen sehen.

Gott hat einmal eine riesengroße Flut geschickt. Nur Noah mit seiner Familie fand in der Arche Unterschlupf, die Noah auf Weisung Gottes rechtzeitig gebaut hat. Wie geht die Geschichte aus? Noah, seine Familie und die Tiere in der Arche werden gerettet. Ich lese ein paar Verse aus 1. Mose 8,20-22: „Noah aber baute dem HERRN einen Altar und nahm von allem reinen Vieh und von allen reinen Vögeln und opferte Brandopfer auf dem Altar.“ Toll. Ein neues Kapitel der Menschheit beginnt: Eine fromme Familie. Liebe verbindet sie und prägt alles was danach kommt. Oder? Leider nein. Und Gott weiß das. Und so trifft er eine Grundsatzentscheidung: „Und der HERR roch den lieblichen Geruch und sprach in seinem Herzen: Ich will hinfort nicht mehr die Erde verfluchen um der Menschen willen; denn das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf. Und ich will hinfort nicht mehr schlagen alles, was da lebt, wie ich getan habe. Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ 

Nicht wieder…, nie wieder… höre und lese ich heute auch in anderen Zusammenhängen. Ich denke: Das ist doch auch Teil der Wirklichkeit. „Das Dichten und Trachten des menschlichen Herzens ist böse von Jugend auf.“ Wir feiern in diesem Jahr 80 Jahre Befreiung von Konzentrationslagern und auch das Ende eines unfassbaren Krieges: 6 Millionen Juden wurden zum großen Teil auf grausame Weise ermordet. Und unzählig viele andere Menschen auch. Nie wieder… oder? Die Berichte berüchtigter Gefängnisse in Syrien nach dem Sturz Assads zeigen mir, dass all das kein Einzelfall ist. Soldaten, die Frauen vergewaltigen …; ich steige aus all diesen Horror-Szenarien aus. Behalte doch im Hinterkopf, dass all das durch Menschen geschieht und bin entsetzt, wütend, traurig und…. Möchte mit der Faust auf den Tisch schlagen. Ein neues Heer aufbauen…

Etwas anderes nimmt mich in diesen Tagen, in denen ich das alles bedenke und schreibe in Beschlag: Blühende Bäume: Forsythien, Magnolienbäume, Mandelzweige, der Kirschbaum auf dem Nachbargrundstück, der gerade in voller Blüte steht. Wie hießt es noch bei Noah: „Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter, Tag und Nacht.“ Ich stehe unter dem tiefen Eindruck dieser mächtigen Erfahrungen. Ich spüre die Kraft, die der Frühling in meine Seele und mein Herz transportiert. Ich höre die Bienen summen, beobachte Hummeln, die sich genüsslich an den Blüten der Mandelzweige laben. Ich staune und freue mich auf ganz tiefe Weise. Ich gewinne den Eindruck, welche Mächte in dieser Welt eben auch wirksam sind: Die Mächte des Schöpfers im Himmel, der sich uns vorgestellt hat als liebender Vater Jesu Christi. Der Gott, der um uns den Mantel seiner Liebe legen möchte. Ich denke und spüre: Diese Mächte sind viel stärker als alle Heere und Mächtigen dieser Welt. Das erlebe ich. Das gibt mir Kraft. Das möchte ich wahrnehmen. Für diese Kraft möchte ich mich öffnen. Die Kraft des lebendigen Gottes. Als Heiliger Geist hat er die junge christliche Gemeinde mit voller Wucht erwischt, erfüllt auf eine eindrucksvolle Weise. Hat den Verunsicherten und traurigen Haufen der Jünger ergriffen, gestärkt und in Bewegung gebracht.

„Ich glaube an den Heiligen Geist. Die heilige christliche Kirche. Gemeinschaft der Heiligen, Vergebung der Sünden, Auferstehung der Toten und das ewige Leben.“ So bekennen wir es im apostolischen Glaubensbekenntnis. Ja, das tue ich. Ich möchte seiner Kraft in meinem Leben Raum geben. Beten, dass diese Kraft uns miteinander tröstet, stärkt und in Bewegung bringt, in den Gemeinden des Bezirks Pforzheim/Enzkreis. Ich erlebe hier und da, was durch die Wirkung dieses Geistes geschieht unter Kindern, Jugendlichen, jungen Erwachsenen, gestandenen Erwachsenen, Ü55, überhaupt bei allen. Davon möchte ich reden, mich selbst dafür öffnen, anstatt mit der Faust auf den Tisch zu schlagen.

Und das Böse? Der Böse? Wirkt leider auch weiter. Im Großen und im Kleinen. Wir können das nicht verhindern. Und Gott tut es auch nicht. Ich bin überzeugt: Immer wieder braucht es das Innehalten, das Gebet, eben auch und zuerst um Gottes Heiligen Geist für uns und für diese Welt. Wir brauchen Entscheidungen, die in der Wirkung des Heiligen Geistes geschehen. Dafür möchte ich mich selbst öffnen. Dafür möchte ich beten ohne immer zu wissen, was das Richtige ist. Ich möchte auch für die Mächtigen bitten, dass sie zu richtigen Entscheidungen finden, und ich möchte die unterstützen, die sich dafür öffnen.

In diesem Sinn wünsche ich uns allen ein gesegnetes Pfingstfest!

Lutz Althöfer

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