Andacht November / Dezember 2020 / Januar 2021

Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.
– Jahreslosung 2021 ⋅ Lukas 6,36

Pastorin Bettina Gfell

„Also da werde ich ganz sicher nicht mehr hingehen! Die hat mich als Kundin verloren!“ Ziemlich verärgert und ein bisschen verletzt berichtet eine Sportkollegin von einem Erlebnis beim Einkaufen. Ihre Maske war nur „ein ganz kleines bisschen“ heruntergerutscht. „Das merkt man selber manchmal gar nicht. Ich hatte gerade erst angefangen mich umzuschauen, da blafft die mich doch gleich so richtig an: Setzen Sie erst mal Ihre Maske richtig auf, bevor Sie hier reinkommen!“ Und sie erzählt weiter, dass der Laden ja sowieso so vergruschtelt ist und man kaum durchkommt und sie – wie schon gesagt – jetzt sowieso nicht mehr dahin geht. Dabei sollten die Ladenbesitzer doch eigentlich schauen, dass sie ihre Kundschaft nicht vergraulen.

Ich höre mir die Geschichte an und kann beide Seiten ganz gut verstehen. Ja, manchmal macht man Fehler, ohne dass man‘s merkt. Und es ist hilfreich, wenn einen jemand freundlich darauf aufmerksam macht, ohne gleich verärgert und sauer zu sein – oder da „ganz sicher nicht mehr hinzugehen.“ Und meines Erachtens gilt das für beide Seiten dieser Geschichte.

Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist. Mir gefällt die Jahreslosung für 2021 sehr gut. Und ich finde, sie weist auf etwas hin, was wir gerade alle sehr gut brauchen können – barmherzig miteinander sein. Mich in den anderen hineinversetzen und eine Sache auch von seiner Seite aus zu sehen. Wir alle machen immer wieder Fehler in unserem Leben – kleine und manchmal auch große. Und wir sind darauf angewiesen, dass uns andere verzeihen, an unserer Seite bleiben – eben barmherzig mit uns sind. Das bedeutet nicht, dass einfach alles okay oder vielleicht sogar egal ist. Fehler bleiben Fehler und dürfen, sollen, ja müssen manchmal auch benannt werden. Aber Barmherzigkeit setzt Menschen nicht mit ihren Fehlern gleich. Letztlich kommt es darauf an, in welcher Art und Weise ich Menschen darauf aufmerksam mache. Gottes Liebe ist jedenfalls fehlerfreundlich. Sie nimmt uns zu Herzen und nicht zur Brust. Und durch unsere Barmherzigkeit lassen wir Gott in und durch uns zu Wort kommen.

Übrigens: Wenn ich mit mir selbst nicht barmherzig bin, bin ich es meist auch nicht mit anderen.

Herzlich grüßt Ihre und Eure
Bettina Gfell

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